Heute vor 125 Jahren ist Mao Zedong (https://de.wikipedia.org/wiki/Mao_Zedong) geboren worden. Er brachte den DDR-Staatschef Walter Ulbricht angeblich auf die Idee, eine Mauer durch Berlin zu bauen… dies legt zumindest die Biographie „Mao. The Unknown Story“ (https://www.zeit.de/2005/47/P-Mao) von 2005 nahe. Doch bleibt das der einzige Ideengeber und ist das Bedürfnis, sich abzuschotten, 1961 nicht doch tiefer verankert gewesen?
Am 8. September 1956 flog Walter Ulbricht zum VIII. Parteitag der Kommunistischen Partei der Volksrepublik China nach Peking. Hier traf er auf Mao als Parteichef und Staatsoberhaupt der VR China. Dem letzten „Stell-Dich-Ein“ der kommunistischen Parteien in der DDR Anfang des Jahres war Mao ferngeblieben. Am 3. Januar 1956 hatte der DDR-Präsident Wilhelm Pieck zu seinem 80. Geburtstag nach Berlin-Pankow geladen. Mao schickte seinen Stellvertreter Zhu De (https://de.wikipedia.org/wiki/Zhu_De). Die ostdeutschen Kommunisten brachten ihn im Gästehauskomplex im „Pankower Städtchen“ unter und erfüllten ihm sämtliche Wünsche. Zum Beispiel standen dem chinesischen General rund um die Uhr drei „Krankenschwester“ zur Verfügung.
Das „Pankower Städtchen“ war ein Sperrgebiet in der Nähe vom Präsidentenpalais Wilhelm Piecks. Zunächst, wie in Berlin-Karlshorst, lebten hier seit August 1945 sowjetische Offiziere abgeschottet von der deutschen Bevölkerung hinter einer grüngestrichenen zwei Meter hohem Bretterzaun. Um das Gebiet betreten zu können bedurfte es eines „Propusk“. Die Führung der im Juni 1945 wieder gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) ist hier ebenfalls mit Häusern versorgt worden. Nach der Vereinigung von Teilen der SPD mit der KPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) im April 1946 erhielt zudem der ehemalige sozialdemokratische Parteichef Otto Grotewohl in dieser Siedlung eine großzügige Villa. Mit der Gründung der DDR 1949 bleib der Absperrung bestehen und viele weitere DDR-Regierungsmitglieder konnten hier mit Wohnraum versorgt werden. Einige Häuser sind zu Gästehäuser umfunktioniert worden, in denen beispielsweise Zhu De oder der sowjetischen Staatschef Nikita Chruschtschow bei seinen offiziellen Besuchen in der DDR nächtigte. Mao hätte sich hier wahrscheinlich wohl gefühlt.
Im Februar 1956 hatte Chruschtschow auf dem XX. Parteitag der Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU) in Moskau den Führungsstil seines Vorgängers Josef Stalins hart kritisiert, sehr zum Missfallen von Ulbricht und Mao. Wohin sollte ihrer Ansicht nach diese Öffnung der kommunistischen Bewegung gegenüber der Bevölkerung führen? Waren die einfachen Menschen schon reif für den angedachten Fortschritt oder würden das nicht die selbsternannten Eliten des gesellschaftlichen Umbruchs und damit den Aufbau des Kommunismus insgesamt gefährden? Für Ulbricht und Mao (wie auch für Stalin letztlich!!) heiligte immer der Zweck die Mittel. Eine nachträgliche Bewertung vieler ihrer Entscheidungen würde ihres Erachtens (und das mit Recht!!) nur zu ihrem Nachteil ausgelegt werden. Deswegen waren sie sich einig. Die so genannte „Tauwetterpolitik Chruschtschows würde letztlich sie persönlich auf den Müllhaufen der Geschichte transportieren.
Die berühmte Große Chinesische Mauer entstand bereits seit dem 7. Jahrhundert vor Christus als Verteidigungsmauer und hat heute eine Länge von über 8.000 Kilometer. Sie ist das größte menschliche Bauwerk der Welt. Angeblich kann man sie sogar vom Mond aussehen. Schon allein aus nationaler Überheblichkeit konnte 1956 der gleichaltrige Mao dem „nur“ als Erster Sekretär der SED fungierende Walter Ulbricht weise Ratschläge geben. Ulbricht war damals weder DDR-Staatsoberhaupt noch Vorsitzender der SED und musste sich belehren lassen. Mao soll Ulbricht bei seinem Besuch in Peking vorgeschlagen haben, im Umgang mit den „Faschisten“ und den ewigen Kritikern aus der Bundesrepublik das chinesisches Modell zu bevorzugen: die Große Mauer. Eine Mauer sei sehr hilfreich, „bestimmte Leute vom eigenen Territorium fern zu halten“, wie sich Mao ausgedrückt haben soll.
Natürlich war die Idee für Walter Ulbricht nicht ganz neu. Er selbst lebte schon lange hinter Mauern. Als er in den 1930er nach Moskau emigrierte, wohnte er mit vielen anderen Kommunisten im Hotel Lux (https://de.wikipedia.org/wiki/Hotel_Lux), völlig abgeschottete von den normalen Moskauern. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1945 bezog er mit seiner Frau, deren Schwester und der Adoptivtochter ein Haus im oben beschriebenen „Pankower Städtchen“. Nach den Unruhen im Juni 1953 in der DDR und den in Ungarn 1956 (nach Ulbrichts Rückkehr aus Peking!!) plante man in Pankow neue Maßnahmen für die Sicherheit der SED-Parteiführung. Im Norden Berlins im Bernauer Forst bei dem Dorf Wandlitz entstand für sie ein neue, durch eine Mauer umgebene Wohnsiedlung. Als im „Pankower Städtchen“ der grüne Holzbretterzaun in den 1950er Jahren zunehmend marode wurde, ließen die DDR-Sicherheitsbehörden ihn durch eine hohe Betonmauer ersetzen. Ein Stück dieser Mauer steht bis heute am Güllweg in Berlin Pankow. Er sieht der letzten Generation der Berliner Mauer sehr ähnlich und sollte eigentlich unter Schutz gestellt werden. Letztlich wirkt es heute so, als ob Walter Ulbricht erst sich und seine Genossen einmauert hat und schließlich das ganz von ihm regierte Land. Mao Zedong und andere haben ihn dabei unterstützt.