Das Ende des zweiten Weltkriegs war für viele Jahre auch das Ende der deutschen Luftfahrt.
Die zivile Fluggesellschaft Lufthansa verschwand vom Himmel. 1953 wurde in Westdeutschland die Aktiengesellschaft für Luftverkehrsbedarf (LUFTAG) gegründet. Sie erwarb im folgenden Jahr die Namensrechte am Traditionsnamen Lufthansa, nun offiziell Deutsche Lufthansa AG. Erst 1955 erhielt die Bundesrepublik ihre Lufthoheit zurück und der Linienflugbetrieb konnte am 1. April 1955 beginnen.
Vier Wochen später folgte die DDR. Der Beschluss des Ministerrats wurde am 28.April veröffentlicht: „Zur Durchführung des zivilen Personen- und Frachtluftverkehrs ist mit Wirkung vom 1. Mai 1955 die deutsche Lufthansa zu gründen. Die deutsche Lufthansa untersteht dem Ministerium des Innern.“
Am 1. Juli 1955 ernannte der Ministerrat die Mitglieder der Betriebsleitung der Deutschen Lufthansa GmbH der DDR.
Hauptdirektot wurde Arthur Pieck, der Sohn des Präsidenten der DDR. Der gelernte Schriftsetzer war fachlich völlig ungeeignet. Die in der DDR von ihm ausgeübten politischen Ämter hatten ihn nicht auf die Leitung einer Fluggesellschaft vorbereitet. Aber er hatte die nötigen politischen Verbindungen. Nach 10 Jahren ging er in den Ruhestand, er wurde nicht besonders vermisst.
Man hatte ihm einen guten Stab zur Verfügung gestellt. Der Direktor für Flugverkehr was ein erfahrener Pilot und der technische Direktor hatte bei der alten Lufthansa Schlosser und Meister gelernt. Der Politdirektor Karl Heiland war 1945 bei der Luftwaffe in der Pilotenausbildung gewesen, allerdings ohne Abschluss.
Ab Mai 1955 war Schönefeld als erster DDR Lufthansaflughafen betriebsbereit. Eine Iljushin 14 mit Lufthansa Anstrich und der deutschen Registrierung DDR-ABA landete am 30. Juli als erste Lufthansa der DDR Maschine in Schönefeld. Der erste offizielle Flug startete am 16. September 1955 mit Ministerpräsident Otto Grotewohl zur Unterzeichnung des Staatsvertrages zwischen der Sowjetunion und der DDR nach Moskau.
Der 4. Februar 1956 brachte den Beginn des Linienverkehr auf der Stecke Berlin – Warschau. Am 27. Februar wurde ein spezieller Messeflugverkehr zwischen Berlin und Leipzig begonnen. Weitere Linien folgten in den nächsten Jahren.
Zunächst übernahmen deutsche Mitarbeiter nur die Bodenarbeiten. Wie die Flugzeuge stammte auch das fliegende Personal aus der Sowjetunion. Erst am 13. März 1957 flog Gerhard Frieß als erster deutscher Kommandant auf einem Linienflug der Lufthansa der DDR von Berlin über Vilnius nach Moskau.
Die Situation am Markt war aber seltsam, es gab zwei völlig voneinander unabhängige Fluggesellschaften die den Namen Lufthansa und das Kranichlogo verwendeten.
Langsam dämmerte den DDR Behörden, dass es mit dem Namen Lufthansa ein Problem gab, er gehörte nicht der DDR Lufthansa. So hatte Arthur Pieck schon wenige Monate nach der Gründung der Lufthansa der DDR gegenüber Otto Grotewohl Stellung genommen: „Formaljuristisch gesehen befinden wir uns in einer Situation, nach der selbst unsere eigenen Gerichte uns das Recht auf Führung des Namens Deutsche Lufthansa und des stilisierten Kranichs als Warenzeichen untersagen müssen.“
Am 13. März 1958 saß eine Gruppe um Erich Honecker zusammen um für die Zukunft zu planen. Am 8. September 1958 wurde als „Reserve“ die Interflug, Gesellschaft für internationalen Flugverkehr mbH gegründet. Auch hier war Arthur Pieck der Hauptgeschäftsführer. Haupteigentümer war die DDR Lufthansa. Lufthansa Crews mussten nun zur Sicherheit Uniformen von Interflug mitführen damit man im Fall einer unerwartet schnellen juristischen Klärung für den Rückflug gewappnet war. Für das Überstreichen des Logos hatte man Farbe bereitgestellt.
Der Interflugbetrieb beschränkte sich zunächst auf den Messeflugbetrieb.
Als sich vor dem Gericht in Belgrad die Niederlage der Lufthansa (DDR) gegenüber der Lufthansa (West) abzeichnete beschloss die SED eine neue Strategie zu nutzen. Man riskierte keine schlechte Presse nach einer Niederlage und erklärte: „dass die Lufthansa liquidiert wird, weil es unrentabel ist, zwei Gesellschaften zu haben, und dass eine Gesellschaft unter dem Namen Interflug gebildet wird“. Am 1. September 1963 übernahm die personelle Spitze der nun aufgelösten Lufthansa der DDR die Interflugleitung.
1968 erhielt die Interflug mit dem zweistrahligen Kurz- und Mittelstreckenflugzeug Tupolew 134 das erste Düsenflugzeug. Es blieb bis zum Ende der Fluggesellschaft im Einsatz. Wie fast alle sowjetische Flugzeuge verbrauchte es viel Kerosin und das führte zu hohen Betriebskosten. Lärmschutzauflagen und wirtschaftlich nicht reparierbare Korrosionsschäden machten den Typ zur Wendezeit zum Auslaufmuster.
1970 folgte die Iljuschin 62 als Langstreckenstrahlflugzeug. Nun konnte ein Streckenbetrieb nach Kuba und Vietnam aufgenommen werden. Leider stürzte die erste DDR IL 62 am 14. August 1972 bei Königs-Wusterhausen ab, alle 156 Passagiere und Besatzungsmitglieder starben. Erneut zog das MfS alle Register. Dass die sowjetische Maschine ab Werk einen fatalen technischen Fehler hatte durfte keinesfalls bekannt werden.
1980 wurde der DDR Inlandreiseflugverkehr eingestellt. Die Automobilisierung und Verbesserungen im Bahnservice hatten die Fluggastzahlen stark schrumpfen lassen. Auf dem Flughafen Heringsdorf fand danach kein ziviler Flugbetrieb mehr statt, er wurde aber weiter als Ausweichflughafen in Bereitschaft gehalten. Die Mitarbeiter dort wurden mit dem Bau von Kofferwagen und anderem Bodenservicematerial. beschäftigt.
Neben dem Linienflugverkehr führte die Interflug viele Charterflüge durch. Mit Reiseveranstaltern aus West-Berlin hatte die Fluggesellschaft Deals laufen die begehrte Westdevisen brachten. Doch die Flüge brachten wegen der steigenden Betriebskosten kaum Gewinn.
Das Streckennetz erreichte 1983 eine Ausdehnung von 122.000 Kilometern. 1,3 Millionen Fluggäste flogen in diesem Jahr mit der Interflug. Die Gesellschaft verfügte im Jahr 1989 im Betriebsteil Verkehrsflug über 40 Flugzeuge, von denen jedoch nur die drei geleasten Westeuropäischen Airbus-Maschinen Gewinn brachten. Die Ticketpreise deckten lediglich die Hälfte der Kosten, so war die Interflug für die DDR immer ein Zuschussgeschäft.
Die „Solidaritätsflüge“ der Interflug wurden als Charterflüge abgewickelt. Bei Hilfseinsätzen in Afrika flogen NVA Militärmaschinen vom Typ Antonow 26 mit zivilem Kennzeichen und unter Interflug Nummern. Mit Sitzpolstern und Teppichen ausgerüstet flogen diese Militärmaschinen für die Interflug von Berlin-Schönefeld nach Lemberg um Arbeiter zur Erdgaspipeline Druschba zu bringen. Wegen der hohen Lärmbelastung wurden sie bei den Anwohnern der Flugplätze unter dem Spitznamen „Trassenbomber“ bekannt.
Die Interflug übernahm in der DDR auch die Agrarfliegerei und sie war auch im Bereich Industrie- und Bildflug tätig. Die Piloten übernahmen Vermessungs- und Dokumentationsaufgaben, dabei wurden sie eng von vom MfS überwacht da in der DDR Landkarten als geheim galten. Die veröffentlichen waren verfälscht, so fehlte sogar der Flughafen Dresden auf DDR Karten.
In einem Bereich lag die Interflug vor den westdeutschen Konkurrenten, im Kranflug. Im großen Umfang wurden Hubschrauber im Montagebereich eingesetzt. Bekannt wurde speziell der Hubschraubereinsatz bei der Streckenelektrifizierung der Deutschen Reichsbahn, größtenteils bei laufendem Betrieb. Dafür war das Rettungsflugwesen der DDR nur schlecht ausgebaut. Es wurde von der NVA durchgeführt, nur vereinzelt kamen Polizeihubschrauber zum Einsatz.
Das Ende der DDR brachte auch für die Interflug schnell das Aus. Die bundesrepublikanische Deutsche Lufthansa AG bemühte sich um eine Kooperation mit der Interflug. Im November 1990 stellte die Lufthansa aber fest, dass die Interflug jede Woche einen Verlust von 1 Million DM machte, insgesamt gab es ein Defizit von 200 Millionen DM. Trotzdem beabsichtigte man eine Fusion doch das Bundeskartellamt lehnte diese ab.
Die Finanzlage zwang die Treuhandanstalt die Interflug zum 7. Februar 1991 zu liquidieren. Die einzigen modernen Maschinen waren drei Airbusse und eine DeHavilland Canada DHC-8. Mit den Sowjettypen konnte man am Weltmarkt nur bestehen wenn man weiter ständig Geld zuschoss. Am 30. April 1991 führte eine Tu-134 mit dem Kennzeichen D-AOBC den letzten Interflugflug durch.
Die Airbus-Flugzeuge A310 wurden an den Leasinggeber zurückgegeben und von der Bundesluftwaffe für die Flugbereitschaft der Bundesregierung angekauft. Heute wird noch eines als Passagiermaschine von der Luftwaffe für den Transport von Soldaten eingesetzt.
Die Il-18 Staffel ging an die Neugründung Berline. Ihr Betrieb endete schon 1994.
Rund 1000 der gut qualifizierten Interflug-Mitarbeiter wurden nach der Liquidation durch die Lufthansa übernommen, darunter 450 in der Technik.
Auch der Bereich Wirtschaftsflug musste liquidiert werden, da mit der Auflösung der staatlichen Großbetriebe die wirtschaftlichen Voraussetzungen sowohl für den Agrar- als auch den Kranflug entfielen. Die Berliner Spezialflug (BSF) führt heute den Kranflug in wesentlich geringerem Umfang fort, heutige Umweltvorschriften schränken die Möglichkeiten deutlich ein.