In blog

Das staatliche Gesundheitssystem der DDR galt lange als vorbildlich denn jeder Kranke oder Verletzte hatte das Recht kostenlos behandelt zu werden und der Staat schaffte es eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten.

Der Beitrag für die kombinierte Kranken- und Rentenversicherung betrug 20 % des Bruttoeinkommens und wurde direkt vom Gehalt abgezogen. Es gab einen Höchstsatz von 600 Mark, bei Mitgliedern der FZR (Freiwillige Zusatzrentenversicherung) 1200 Mark. Die Hälfte des Vorsorgebetrags wurde vom Betrieb getragen. Kinder und Ehepartner waren beitragsfrei mitversichert, nicht berufstätige Familienmitglieder konnten sich für 0,50 Mark/Monat freiwillig rentenversichern. Freiberuflich Tätige wie Künstler, Gewerbetreibende und Pfarrer konnten sich für 10 Mark / Monat bei der Staatlichen Versicherung der DDR krankenversichern. Sie konnten auch der Sozialversicherung beitreten, mussten dann jedoch auch den Arbeitgeberanteil selbst tragen

Ein großer Vorteil war, dass alle vom Arzt verschriebenen Medikamente kostenlos waren, ein Nachteil aber, dass die Einfuhr von modernen Medikamenten aus dem nichtsozialistischen Ausland in die DDR bis 1985 offiziell untersagt war.

Für die ambulante medizinische Versorgung gab es neben den staatlichen Ambulatorien und Polikliniken auch legale private Praxen. 1989 gab es aber nur noch 1 % Privatpraxen.

Die Verteilung von Krankenhäusern und Spezialkliniken wurden gemäß der Bevölkerungsdichte vorgenommen. Träger waren in der Regel die staatlichen Behörden, es gab aber auch einige kirchliche Einrichtungen.

Über Jahrzehnte gelang es mit der westlichen Medizin mitzuhalten. In manchen Bereichen war man sogar besser, so z.B. lag die Säuglingssterblichkeit lange unter der in Westdeutschland.

Doch in den späteren Jahren geriet die DDR Medizin ins Hintertreffen. Die einheimische Industrie war nicht in der Lage die Geräte für die moderne Apparatemedizin zur Verfügung zu stellen.  Das Importverbot für westliche Medikamente verurteilte manchen DDR Bürger unnötig zu einem frühen Tod.

Schlimmer noch, im vermeintlich klassenlosen DDR Staat war die Gesundheitsversorgung keineswegs für alle Bürger gleich. Während z.B. im Regierungskrankenhaus, in der Berliner Charité oder den Krankenhäusern der Wismut-Werke (die in Sachsen und Thüringen den Uran-Bergbau betrieben) die zutrittsberechtigten Patienten eine erstklassige Versorgung erhielten, mussten die meisten Krankenhäuser seit Mitte der 70er Jahren mit einer veralteten technischen Ausstattung und nur zu oft auch mit unzureichenden medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten auskommen

So kam Ende der 1980er Jahre in der DDR nur ein Computertomograph auf 600.000 Einwohner (Westeuropa 1 Gerät  je 100.000 Einwohner) und ein Ultraschall-Gerät auf 32.000 Einwohner (Westeuropa: 1 Gerät je 2500 Einwohner).

Der normale DDR Zahnarzt musste mit den veralteten Trockenbohrern arbeiten, die Hitzeentwicklung beim Bohren machte die Zahnbehandlung zu einer Tortur.

Die vorhandenen Dialysegeräte reichten bei weitem nicht aus. Insulin oder wirksame Herz-Kreislauf-Mittel konnten der Masse der Patienten meist nicht verschrieben werden.

In den 80er Jahren wurde DDR Patienten sogar ganz offiziell empfohlen sich dringend notwendige Medikamente von Verwandten oder kirchlichen Stellen in Westdeutschland schenken zu lassen. Eine ganze Anzahl schwerkranker DDR Bürger hatte Westvermögen, z.B. aus Erbschaften. Doch der Hürdenlauf für  die Genehmigung zum Kauf von Westmedizin war enorm. Fast alle starben vor der möglichen Genehmigung.

Einer der positiven Aspekte des sozialistischen Systems war das breit gefächerte Angebot an Vorsorgeuntersuchungen. Dazu gehörten auch turnusmäßige Pflichtuntersuchungen bei Schwangerschaft und regelmäßige Reihenuntersuchungen in Kinderkrippen, Kindergärten und Schulen. Ambulante Röntgenfahrzeuge für Reihenuntersuchungen in kleineren Städten und auf Dörfern halfen sehr erfolgreich bei der Bekämpfung der Tuberkulose.

Die heutigen Ärztehäuser sind nur ein müder Abklatsch der DDR Polikliniken. Unter einem Dach fand der Bürger so gut wie jede medizinische Versorgung, vom Augenarzt bis zum Zahnarzt. Die Fachärzte hatten die Labors unter demselben Dach.

Erklärtes Ziel war die „Erhaltung der Gesundheit der Werktätigen.“ Doch tat man sich schwer den Bürgern die ungesunden Angewohnheiten abzugewöhnen. Denn fettreiches Essen, Rauchwaren und Alkohol waren die Konsumgüter die dem DDR Bürger immer zur Verfügung standen. Auch Zucker stand in großen Mengen zur Verfügung. Dagegen war die Versorgung mit Obst unzureichend. Dies erklärt die Faszination der DDR Bürger für exotisches Obst, Ananaskonserven z.B. hatten im Osten einen Ruf den der verwöhnte Westbürger kaum verstehen konnte. Nur gelegentlich erhielt die DDR von „sozialistischen Bruderländern“ exotische Früchte.

Weiter führte die allgemeine Unzufriedenheit der DDR Bürger zu einem alarmierend zunehmenden Alkoholkonsum: Jeder der 16,5 Millionen Einwohner konsumierte 1989 statistisch mit 146 Liter Bier und 15,5 Liter Schnaps das Vierfache des Pro-Kopfverbrauchs von 1960.

So war die Lebenswartung in der DDR in den 1980er Jahren bei Frauen mit 75,7 Jahren um drei Jahre und bei Männern mit 69,7 Jahren um 2,5 Jahre unter dem bundesdeutschen Durchschnitt

Über die Probleme der Gesundheitsversorgung wurde in der DDR nicht berichtet. Die Staatssicherheit aber wusste natürlich Bescheid. Im April 1989 fasste sie die „Ursachen zur Versorgungssituation im Gesundheitswesen“ zusammen: „Die materiell-technische und personelle Versorgung sei unzureichend, die Pharmaindustrie veraltet. DDR-Produkte seien kaum einsetzbar, wir sind teilweise völlig abhängig vom nicht sozialistischen Wirtschaftsgebiet.“

In der Zeit vor dem Mauerbau waren viele Ärzte in den Westen gegangen. In den 1980er Jahren führte dann eine massenhafte Ärzteflucht zu einem chronischen Mangel, besonders bei den dringend benötigten Spezialisten. Zahlreiche Akten aus dem Ministerium für Staatssicherheit belegen einen deutlichen Ärztemangel in der DDR in den 1980er Jahren. Mediziner fehlten sowohl in den Krankenhäusern, als auch in der ambulanten Betreuung. Dabei waren die einzelnen Bezirke und verschiedene Facharztrichtungen unterschiedlich stark betroffen. Im Jahr 1987 wurde der Ärztemangel an der Universität Greifswald als ein „kaum zu lösendes Problem“ bezeichnet. Mehr als ein Fünftel aller Klinikbetten konnte nicht belegt werden. Ideologie spielte eine fatale Rolle, das DDR System lies nie genug junge Menschen zum Studium zu und die Ideologie verhinderte, dass Kinder von Ärzten in die Fußstapfen ihrer Eltern traten.

Fertige Ärzte hatten andere Probleme. In vielen Städten gab es für sie keine Wohnungen. Der allgemeine Wohnungsmangel in der DDR traf auch sie.

Die Stasi sprach sich generell gegen Westreisen zur Weiterbildung aus. Zu oft waren Ärzte einfach nicht wieder heimgekehrt. Im Frühjahr 1989 berichtete das MfS: „Vor allem 30- bis 45-jährige fachlich gute Ärzte, ein Viertel davon in Leitungsposition, würde die DDR „ungesetzlich“ verlassen.“

Dazu engagierten sich überproportional viele Mediziner in der Bürgerbewegung. Das MfS war in der schwierigen Lage gegen die Ärzte wegen des Ärztemangels nicht vorgehen zu sollen. Schlimmer, immer mehr DDR Bürger wurden sich über den Rückstand zum Westen klar. Die Vielzahl der Krankenhaus- und Arztserien im Westfernsehen waren wirkungsvoller als jede staatliche Propaganda der „Klassenfeinde“.

Nur wenige glaubten noch an die klassenlose Medizin. Die „Bonzen“ der SED hatten Zugang zur besten Versorgung und schon immer wurden für sie Westmedikamente beschafft. So beschleunigte die Medizinkrise den Untergang der DDR.