Für die Staatsführung der Deutschen Demokratischen Republik war Weihnachten im real existierenden Sozialismus ein Problem, die christlichen Feiertage passten nicht so Recht in ihre Ideologie einer atheistischen Welt.
Bis in die 80er Jahre versuchten es die für die Propaganda verantwortlichen mit Umdeutungen. Das Fest am Jahresende sei ein „Fest der Friedens“. Oft wurde in den Zeitungen einfach nur kurz „das Fest“ geschrieben. Das Weihnachtsgeld wurde in Jahresendprämie umbenannt.
1958 wurde ein Propagandawerk veröffentlich das unter dem Titel „Friede schafft der Mensch allein“. Es enthielt Material für Schulen, Betriebe, Pionier- und FDJ-Gruppen für die ideologische Aufrüstung in der Weihnachtszeit.
Adventskalender durften bis Anfang der 70er Jahre nicht so genannt werden. Auf Rechnungen und Bestellungen erschien stattdessen der Begriff “vorweihnachtliche Kalender”. Christliche Motive durften bis 1973 gar nicht darauf gedruckt werden. Dann erhielt erstmals ein Verlag in der Lausitz die Erlaubnis, das Christkind und die Heiligen Drei Könige darzustellen. Es gab aber auch sozialistische Varianten, wie z.B. einen Adventskalender auf dem Junge Pioniere mit Halstuch und Mütze zu sehen waren. Verbreitete Motive waren außerdem Weihnachtsmärkte oder Winterszenen mit Kindern. Doch sie setzten sich nicht durch, das beliebteste Motiv war eine spätbarocke Kirche aus dem Erzgebirge.
Aus der Sowjetunion übernahm man „ Väterchen Frost“ der zu einem sozialistischen Rivalen des Weihnachtsmann werden sollte. Doch die Menschen nahmen ihn nur als Zusatz zum Weihnachtsmann an.
Man versuchte es immer wieder, doch es half nichts. 1982 erklärte das SED-Politbüromitglied Kurt Hager im Gespräch mit linientreuen westdeutschen DKP-Genossen: „Weihnachten haben wir längst verloren.“
Es gab dabei auch starke interne Opposition. Laut BND hat im Jahr 1979 ein Stasi-Überläufer den Geheimdienstleuten berichtet, dass die Stasi selbst „mäßigend Einfluss“ auf die DDR Führung ausgeübt. habe. Man hatte dem Volk aufs Maul geschaut und fürchtete negative Reaktionen.
Für die sozialistischen Planwirtschaftler ergaben sich neben der Ideologischen Frage aber auch ganz praktische Probleme.
Der Dresdner Christstollen war auch im Arbeiter- und Bauernstaat ein Renner. Doch einige Zutaten gab es einfach nicht im Inland. Mandeln, Korinthen und Orangeat mussten für knappe Westdevisen aus dem kapitalistischen Ausland importiert werden.
Für den DDR Wirtschaftsfunktionär Alexander Schalck-Golodkovski war das eine unhaltbare Situation. Er empfahl allen Ernstes den Kollegen im Politbüro ein sogenanntes „Stollenschenkverbot“. Die simple Logik: Gibt es keine Stollen brauchen wir auch keine Devisen für Material ausgeben.
Doch seinen Kollegen war das zu heikel, so wurde die hirnrissige Idee, wie viele andere, zu den Akten gelegt.
Der ehemalige Reichsbahnbunker in der Friedrichstraße diente nach 45 zunächst als Textillager, ab 1957 war er der zentrale Lagerraum der DDR für Trocken- und Südfrüchte aus Kuba. Betrieben vom „Volkseigenen Betrieb Obst Gemüse Speisekartoffeln“ wurde das Gebäude im Volksmund schnell der „Bananenbunker“. In der Weihnachtszeit landeten dort auch die von Schalck-Golodkovski so verabscheuten Westimporte. So wurde er in dieser Jahreszeit zum „Weihnachtsbunker”
Trotzdem waren die Grundstoffe knapp. Besonders für die die zu Hause einen eigenen Stollen backen wollten. Anfang Herbst fingen viele Familien an, Zutaten für den Stollen zu sammeln. Doch bestimmte Zutaten gab es einfach nicht in den Geschäften. Selbst viele Großbäckereien standen vor kaum lösbaren Problemen. Albrecht Großmann, damals Produktionsleiter im Backwarenkombinat Döbeln, erinnert sich: „Sultaninen waren knapp, Mandeln waren knapp, Zitronat und Orangeat gab es überhaupt nicht, so sind wir auf die Rohstoffe ausgewichen, die zur Verfügung standen.” Als Zitronat-Ersatz wurden z.B. grüne Tomaten kandiert und als Orangeat-Imitat Möhren.
Wer Glück hatte konnte auf liebende Verwandte im Westen bauen. November/Dezember nahm die Zahl der Pakete mit der Aufschrift “Geschenksendung! Keine Handelsware!“ enorm zu. Neben Kaffee, Zigaretten und Damenstrümpfen waren es vor allem Zutaten für den Stollen die die Pakete füllten Die Geschenke wurden meist mit einem Rückpaket belohnt. Darin enthalten waren oft ein Stollen oder weihnachtliche Schnitz- oder Drechselkunst aus dem Erzgebirge.
Für die Wirtschaftsplaner der DDR waren die Westpakete eine feste Größe im Versorgungsplan.. Und für die Bürger eine willkommene Ergänzung auf dem Gabentisch.
Da man das Christkind und den Weihnachtsmann nicht schlagen konnte fing man an eigene Aspekte einzubringen. Wohl niemand kann etwas gegen Frieden einwenden. Doch hatte der Pazifismus der DDR Oberen immer einen Nebengeschmack. Die NVA wurde auch in der Weihnachtszeit als unverzichtbarer Bestandteil des Staates dargestellt. Und auch wenn Kriegsspielzeug offiziell nicht existierte fand sich unter so manchem Weihnachtsbaum ein Kabelgesteuerter Kampfpanzer, begleitet von Spielzeugsoldaten.
“Guten Abend, schön Abend, es weihnachtet schon …” war eines der beliebtesten Weihnachtslieder, das in der DDR weit verbreitet war. Das Ehepaar Hans und Ilse Naumilkat hat den Text in den 50er Jahren geschrieben und es wurde verbreitet, dass die Melodie von einem lustigen Volkslied aus der Eifel stamme.
Tatsächlich aber stammte die Melodie von einem Lied aus Österreich , ein Lied mit ausgesprochen christlichem Inhalt. : “Gegrüßt seist Maria, jungfräuliche Zier, Du bist voll der Gnaden, der Herr ist mit Dir.
Andere Änderungen beim Liedgut fanden im Westen durchaus Zustimmung. . In Hoffmann von Fallerslebens Lied “Morgen kommt der Weihnachtsmann” heißt es im Original: “Trommel, Pfeife und Gewehr, Fahn‘ und Säbel und noch mehr, ja ein ganzes Kriegesheer möchte‘ ich gerne haben!“ Hans Sandig, Leiter des Rundfunkkinderchors Leipzig, schrieb diesen Text in eine zeitgemäßere, friedliche, Version um: “Wiege, Puppe, ei der Daus, Zuckerzeug und Knusperhaus, ja ein ganzes Puppenhaus möcht‘ ich gerne haben!”
Ein Klassiker in der Erinnerung an die DDR ist die „geflügelte Jahresendfigur“ die angeblich ein offizieller Begriff in der DDR für Engelgewesen sei. Im Westen war (und ist) dieser Begriff immer für einen Lacher gut.
Der Haken ist nur, niemand kann sicher belegen woher er stammt. Es gibt keinen Beleg für eine staatliche Verwendung des doch sehr krampfhaft wirkenden atheistischen Begriffs.
Oft wird die Prägung der einzigen offiziellen satirischen Zeitschrift der DDR „Eulenspiegel“ zugeschrieben. Doch der Eulenspiegel Autor Ernst Röhl schrieb er habe den Begriff tatsächlich an einem Verkaufsstand gesehen. So findet er sich in dessen Buch „Wörtliche Betäubung“ von 1986, in dem er bürokratische Auswüchse der DDR-Sprache aufs Korn genommen hat.
Der Historiker Bodo Mrozek nahm es in sein „Lexikon der bedrohten Wörter“ auf, im Artikel schreibt er die genaue Herkunft lasse sich aber bis heute nicht belegen.
Während der Christstollen kaum in ausreichender Zahl verfügbar war gab es wie in vielen DDR Bereichen einen munteren Tauschhandel mit noch seltenerer weihnachtlicher „Bückware“. (Bückwaren waren Artkel die nicht im Regal standen, sie wurden unter dem Tresen für spezielle Kunden aufbewahrt)
So waren Seiffener Räuchermännchen im Winter durchaus eine von vielen Parallelwährungen. Ob Trabi Reifen oder Obst, im Tauschhandel waren die Produkte der kleinen Betriebe höchst begehrt.
Nussknacker und Räuchermännchen waren knapp weil sie ausgezeichnete Devisenbringer waren. Der größte Teil der Produktion der kleinen Betriebe ging in das kapitalistische Ausland.
Doch selbst gutgewachsene Weihnachtsbäume waren knapp. Es gab fast nur Kiefern. Die guten Tannen landeten im Westen.
Viele Bäume aus dem Erzgebirge waren klein und hässlich. Doch da der laufende Meter nur zwei Mark kostete, wurden oft gleich zwei Bäume gekauft. Kunstvoll wurden die guten Zweige des einen Baums abgesägt und mit Hilfe des DDR Klebstoffs “Duosan Rapid” in kleine Löcher im Stamm des anderen geklebt.
Behängt wurde der so schön gemachte Baum mit bunten Kugeln, die man über die Jahre gesammelt hatte, und mit Lametta. Doch selbst das Zinnlametta war Mangelware. So wurde es meist nach den Festtagen vorsichtig vom Baum genommen und verwahrt.
Doch auch Westfamilien machten dies um Geld zu sparen. In meiner Tempelhofer Familie war diese Vorform des Recycling völlig normal.
Es mag seltsam scheinen, doch die Ostberliner Weihnachtsmärkte hatten für die Westberliner Besucher in den 70er Jahren einen besonderen Reiz. Doch für eine mehrköpfige Familie war ein Besuch dort in den 80er Jahren Luxus. Der 1980 erhöhte Zwangsumtausch von 25 Mark je erwachsenem Besucher, 7,50 Mark für sechs- bis fünfzehnjährige Kinder war ein hohes Eintrittsgeld für den sonst eintrittsfreien Weihnachtsmarkt.
Aber Wildschweinbraten, Glühwein, Alt-Berliner Bierbowle und rumänischer Slibowitz waren auf dem Markt am Alex sehr billig. So mancher Westberliner erreichte den Grenzübergang bei der Rückkehr stark alkoholisiert und manche verpassten die Ausreisezeit. Auch die Fahrgeschäfte waren ähnlich billig. Es ist verständlich, dass für die DDR Bürger die vielen Wohlstandsbürger aus dem Westen auf dem Markt keine reine Freude waren. Denn auf dem Markt gab es knappe Waren die dann oft von den Wessis wegegekauft wurden